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Synagoge Parchim

Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Parchim, Rosenstraße 43
Erhaltung: zerstört

Geschichte der Synagoge

Während der Phase nach der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs hat es in der Stadt Parchim sehr sicher bereits eine Synagoge gegeben. Diese Erkenntnis ist vor allem den erhalten gebliebenen Grabsteinen des ersten jüdischen Friedhofs von Parchim zu verdanken. Ein darunter befindlicher Gedenkstein von 1334, den der Güstrower Rabbiner Dr. Leopold Donath in seinem Werk „Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874)” übersetzen konnte, belegt, dass in diesem Jahr ein Rabbiner Jizchak als Sohn des Rabbiners Petachia verstorben war. Zumindest in vorhandenen Beträumen müssen diese Rabbiner daher ihre Gottesdienste abgehalten haben. Wie Donath jedoch weiter ausführt, lag ihm eine Urkunde von 1503 vor, in der von „Tempelhaus“ oder „Tempel“ in Parchim gesprochen wurde, weswegen die in der Nähe befindliche Gasse mit dem Namen Tempelstraße belegt wurde. Heute ist jedoch nicht mehr bekannt, an welchem Ort sich diese Synagoge befand. Es ist zweifelhaft, ob diese Synagoge nach der ersten Vertreibung der Juden aus Parchim während der Pestepidemie 1350 bis zum Jahr der endgültigen Vetreibung aller Juden aus Mecklenburg 1492 weitergenutzt wurde, denn als die Juden nach Parchim um 1364 wieder zurückkehrten, mussten sie ein neues Stadtviertel beziehen.

Da sich während der Pase der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs schon um 1753 in Parchim Schutzjuden niederließen, eine Synagoge aber erst viele Jahrzehnte später errichtet wurde, dürften die hiesigen Juden ihre Gottesdienste zunächst in angemieteten oder ihren privaten Beträumen abgehalten haben. Recherchen des ehemaligen Gemeindevorstehers Emil Elkan im Jahr 1930 zufolge soll sich schon 1794 eine erste Synagoge in der Tempelstraße Nr. 7 befunden haben. Der einzige Nachweis dafür ist eine Streitigkeit zwischen Anwohnern und der damaligen jüdischen Gemeinde, die der Magistrat zu schlichten hatte. In diesen Räumlichkeiten soll gleichzeitig auch eine „Judenschule“ betrieben worden sein. Aus diesem Dokument geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob es sich dabei tatsächlich schon um ein eigens für Gottesdienste angemietetes oder gar erbautes Gebäude gehandelt hat. Zweifel daran dürften schon aufgrund der finanziellen Möglichkeiten der damaligen Gemeinde angebracht sein. Die dort benannten Tempelstraße dürfte gleichfalls kaum die bereits aus der ersten Phase der jüdischen Ansiedlung überlieferte Tempelstraße gewesen sein. Erst nachweislich 1823 erbauten sich die Parchimer Juden im Hinterhof der Rosenstraße 43 im damals üblichen Fachwerkstil ihre eigene Synagoge. Die Einweihung erfolgte am 29. August 1823 durch Hamburger Rabbiner Dr. Eduard Kley. Wie sie den Bau finanziert haben, bedarf derzeit noch weiterer Recherchen. Bekannt ist, dass das Synagogengebäude von 1880 bis 1884 renoviert wurde.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten entging auch die Parchimer Synagoge nicht der Zerstörung. Am Abend des 9. November 1938 wurde die Inneneinrichtung herausgerissen und einschließlich der Thorarollen auf dem heutigen Moltkeplatz verbrannt. Es wurde in der Synagoge nur deshalb kein Brand gelegt, weil die Gefahr des Übergreifens auf andere Häuser bestand. Da die Stadt das zerstörte Synagogengebäude als einen Schandfleck betrachtete, ließ diese das Gebäude abreißen und stellte wie damals üblich die Abbruchkosten der Parchimer Gemeinde in Rechnung.

Nach der Wiedervereinigung wurde am Vorderhaus des ehemaligen Synagogengrundstücks eine Gedenktafel angebracht. Im Stadtmuseum Parchim ist heute ein Modell der Parchimer Synagoge von 1884 zu besichtigen.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 01.03.2016)
Quellen:

  • Donath, Leopold: Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874), Verlag Oskar Leiner, Leipzig 1874
  • Kaelke, Wolfgang: Zur Parchimer Synagoge, Schriftenreihe des Heimatbundes e. V., Pütt, Parchim in Mecklenburg 2004
  • Kasten, Bernd: Verfolgung und Deportation der Juden in Mecklenburg 1938-1945, Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2008