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Synagoge Hagenow

Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Hagenow, Hagenstraße 48 (Hagenstraße 1)
Erhaltung: restauriertes Gebäude als Kulturzentrum

Geschichte der Synagoge

Wie auch beim jüdischen Friedhof von Hagenow kann auch zur Existenz einer eventuell hier während der Erstphase der jüdischen Besiedlung Mecklenburgs keine Aussage getroffen werden.

Nach der Neubesiedlung Mecklenburgs und der Ansiedlung erster Schutzjuden in Hagenow gab es hier schon 1781 einen Betraum. Durch den Zuzug weiterer Schutzjuden und ihrer Familien war dieser spätestens 1819 zu klein geworden und die Gemeinde plante den Bau einer eigenen Synagoge. 1820 erwarb deshalb der Vorsteher Hirsch Samuel Meinungen für die jüdische Gemeinde zu einem Preis von 100 Reichstalern einen Garten in der Hagenstraße, der als Bauplatz dienen sollte. Die Baugenehmigung wurde 1822 erteilt, die Einweihung der neuen Synagoge erfolgte erst am 15. August 1828. Das Grundstück war als Gehöft mit drei Fachwerkbauten errichtet worden, bestehend aus einem Vorderhaus, worin die Schule, Räumlichkeiten für die Gemeinde und eine kleine Wohnung für den Lehrer untergebracht waren, einer Remise (Wagenschauer) und dem eigentlichen Synagogengebäude im Hinterhof. Zeitweise gab es auch eine Brunnen, ein Stallgebäude und eine Laubhütte. Im Schulhaus befanden sich unterhalb des Treppenaufgangs auch die Mikwe, eine typische Grundwassermikwe. Diese scheint ab Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr genutzt worden zu sein, so dass die Kenntnis über ihre Lage nach dem Erlöschen der Gemeinde schon bald verloren ging.

Nachdem 1906 der letzte Lehrer Marcus Juda verstorben war, nutzte man die Synagoge nicht mehr. Der letzte Gottesdienst fand 1907 statt. Auch wenn die Synagoge danach leer stand, kümmerte sich die Familie des Gemeindevorstehers Samuel Meinungen weiterhin darum. Da die finanziellen Mittel zur Erhaltung des Gebäudes knapp waren, plante der damalige Gemeindevorsteher Samuel Meinungen 1932, den Betraum an die Katholische Kirche zu vermieten. Ein entsprechender Antrag beim Israelitischen Oberrat wurde jedoch durch den damaligen Landesrabbiner Dr. Siegfried Silberstein untersagt. Dieser konnte dem Vorhaben aus religiösen Gründen nicht zustimmen und forderte deshalb einen Verkauf. Bis zum Tod Meinungens 1937 kam es dazu nicht.

Zur „Reichskristallnacht“ 1938 soll die Synagoge angeblich in Brand gesteckt worden sein, jedoch konnte das weder von der Architektin Vormann durch Brandreste innerhalb der Synagoge noch durch entsprechende Meldungen der Zeitungen, die damals bereitwillig auch nur jeden noch so kleinen Beweis für den „Volkszorn“ publizierten, belegt werden. Die Zerstörung der Inneneinrichtung ist jedoch durch einen Augenzeugen überliefert. Nachdem das Vermögen aller zumindest auf dem Papier noch bestehenden jüdischen Gemeinden durch das Deutsche Reich enteignet worden war, so auch das der Israelitischen Gemeinde von Hagenow, wurde die Synagoge 1942 an privat verkauft und danach Teile des Gehöfts vom neuen Eigentümer an eine Firma als Betriebsräume vermietet.

Zu Zeiten der DDR war es zunächst eine Eierannahmestelle und ab 1955 Sitz der Bäckergenossenschaft. Nach der „Republiksflucht“ des ehemaligen Eigentümers ging das Grundstück 1969 in das „Eigentum des Volkes“ über. Die Büroräume wurden danach von diversen kommunalen Einrichtungen und Firmen genutzt. Seit dem Jahr 1988 erinnerte eine Gedenktafel an die einstige Synagoge.

Nach der Wiedervereinigung wurde im Jahr 1993 das Gehöft an die Claims Conference restitutiert, stand danach jedoch leer. 2003 gelang die Immobilie in städtischen Besitz. Die Stadt Hagenow plante im Anschluss, das Gebäudeensemble umzubauen und zukünftig als Kultur- und Begegnungsstätte zu nutzen. Noch während der Umbaumaßnahmen wurde 2006 eine Gedenktafel am Vorderhaus angebracht. Im September 2007 wurde die Restauration der ehemalige Synagoge abgeschlossen und als Kulturraum feierlich wiedereröffnet. Nur einige Monate später, Anfang 2008, wurde auch die ehemalige Mikwe im Vorderhaus wiederentdeckt und in die Bau- und Wiederherstellungsmaßnahmen mit einbezogen. Mit Abschluss des letzten Bauabschnitts im April 2009 wurde auch das Vordergebäude, das ehemalige Schul- und Gemeindehaus mit der Mikwe, fertiggestellt. Mit Eröffnung der Dauerausstellung „Spuren jüdischen Lebens in Hagenow und Westmecklenburg“ im Vorderhaus im Jahr 2010 wurde dieses zu Ehren und Gedenken des gleichnamigen, zweijährigen jüdischen Mädchens in Hanna-Meinungen-Haus umbenannt, das mit ihren Eltern 1942 aus Hagenow deportiert und sehr wahrscheinlich im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Heute gehört das Gebäude-Ensemble zum Museum für Alltagskultur der Griesen Gegend und Alte Synagoge Hagenow der Stadt Hagenow.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 23.01.2016)
Quellen: