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Synagoge Sternberg

Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Sternberg, Kleiner Spiegelberg
Erhaltung: abgerissen

Geschichte der Synagoge

Wo genau sich die Gemeindemitglieder zu ihren gemeinsamen Gebeten vor der Errichtung der ersten echten Synagoge in Sternberg trafen, ist nicht mehr eindeutig zu klären. Zunächst wurde ein angemietetes Lokal in einer unbekannten Gastwirtschaft – möglicherweise der Gaststätte eines Herrn G. Schmidt – genutzt. Die Gemeinde war jedoch mit diesen Räumlichkeiten dauerhaft unzufrieden.

Aufgrund dieser Situation gab es bereits vor Mai 1853 innerhalb der Gemeinde erste Überlegungen zum Bau einer eigenen Synagoge. Am 15. September 1853 beschlossen alle Gemeindemitglieder die Anschaffung einer neuen Synagoge. Der Gemeindevorsteher Samuel Rosenbaum holte 1854 dazu einen Kostenvoranschlag beim Sternberger Maurermeister Dreyer ein. Dieser sah eine am Spiegelberg gelegene Synagoge zur Aufnahme von 48 Herren, 32 Damen und 12 Knaben mit Wohnhaus für den Lehrer und dessen Familie zu einem Preis von 2000 Reichstalern vor. Es war geplant, einen Großteil des Betrages über freiwillige Spenden von innerhalb und außerhalb aufzubringen. Zahlreiche jüdische Gemeinden, hier insbesondere die Hamburger, und sowohl jüdische als auch christliche Privatpersonen kamen dem Spendenaufruf nach. Die in der Folge aufgebrachten Mittel genügten immer noch nicht, so dass zusätzliche Kredite aufgenommen wurden.

Am 10. Mai 1854 wurde schließlich der Bauvertrag mit dem Maurermeister Dreyer abgeschlossen, der nach der feierlichen Grundsteinlegung am 29. Juni 1854 in der Folgezeit auf der Brandstätte des vormaligen Baumann Post’schen auf der Hausstelle Nr. 228 (später Hausgrundstück Nr. 228 b) die Synagoge errichtete. Wirklich beendet war der Bau erst im Mai 1855. Die Einweihung erfolgte am 21. Mai 1855 im Rahmen einer Feierlichkeit im Beisein des Landesrabbiners Dr. Baruch Lipschütz und des gesamten Magistrats.

Die Baukosten brachten die Gemeinde letztlich in finanzielle Schwierigkeiten, weswegen danach weiterhin versucht wurde, Spenden einzuholen. Noch 1881 musste eine Hypothek auf das Synagogengrundstück aufgenommen werden.

Spätestens ab 1902 lief die Synagoge postalisch unter der Adresse Auf dem Spiegelberg 272. Ab etwa 1913 erwog das Großherzoglich Mecklenburgisches Ministerium, Abteilung für geistliche Angelegenheiten, und der Israelitische Oberrat, aus finanziellen Gründen kleinere Gemeinden oder solche, die die erforderliche Anzahl von zehn volljährigen und männlichen Gemeindemitglieder für einen Minjan nicht mehr vorweisen konnten, untereinander zusammen- oder größeren Gemeinden anzuschließen. Da auch Sternberg durch den Wegzug von Gemeindemitgliedern spätestens 1911 und nochmals 1924 massiv geschrumpft war, stand deren Existenz mehrfach in Frage. Seitens des Oberrates wurde deshalb auch die Versteigerung des Synagogengebäudes gefordert. Letztlich scheinen die jüdischen Studenten des Sternberger Technikums die Auflösung und damit auch den Verkauf der Synagoge verhindert zu haben.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten verschärfte sich die Lage. Schon 1935 gab es Bestrebungen, das Synagogengebäude zu veräußern. Sicherlich dürfte es finanzielle Probleme bei der Erhaltung des Gebäudes gegeben haben, aber am eigentlichen Grund – der geänderten politischen Lage – dürften kaum Zweifel bestehen. Es gab einige private Kaufangebote, doch die Stadt blockierte diese Verkäufe, da sie ein Eigeninteresse an dem Grundstück hatte. Nach schwierigen Verhandlungen zwischen dem Israelitischen Oberrat und der Stadt wurde die Synagoge am 15. März 1937 zu einem Kaufpreis von 2500 RM an die Stadt veräußert, die diese kurze Zeit später abriss.

Nach 1948 wurde das ehemalige Synagogengrundstück an die Jüdische Landesgemeinde zurückgegeben, die es einem Sternberger verkaufte, um mit dem Erlös dringendere Kosten zu bestreiten.

Die Mikwen

Laut eines Protokolls des Sternberger Magistrats vom 30. Mai 1804 wurde dem Schutzjuden David Israel (später Israel Löwenthal senior), auf dessen Antrag in diesem Jahr der Bau eines kleinen Badehauses gewährt. Es wurde als Grundwasser-Mikwe „[...] neben der großen Pforte auf dem Kunstwall – etwa 8 Fuß vom Bache entfernt [...]” erbaut. Die genaue Lage ist heute unbekannt, aber bei der erwähnten Pforte dürfte es sich um eines der beiden südlichen Stadttore, also das Kütiner oder Pastiner Tor, gehandelt haben. Diese Mikwe wurde bis mindestens 1843 genutzt.

Mündlichen Überlieferungen in Sternberg zufolge sollen die jüdischen Sternberger nach Errichtung der Synagoge im Jahr 1855 eine dort vorhandene Mikwe genutzt haben.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 21.09.2015)
Quellen:

  • Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem: Sternberg S 289/2, Gemeinde-Acten des Synagogenbaues betreffend, 1853–1856; Sternberg S 289/3, Diverse Schreiben an die Gemeinde.
  • Centrum Judaicum Berlin: Sternberg 1,75 A St 2 Nr. 7906–7919.
  • Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia: Die jüdische Geschichte der Stadt Sternberg (Mecklenburg), Verlag tredition, Hamburg 2015
  • Heimatmuseum Sternberg: Konvolut zu den jüdischen Einwohnern Sternbergs.
  • Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 10.72-1, Nr. 139; Rep. 10.72-2, Nr. 32; Rep. 5.12-7/1, Nr. 9091
  • Leo Baeck Institute New York: AR 25165, Eva Abraham-Podietz Family Collection, 1767–2004, Box 1, Folder 5.
  • Stadtarchiv Sternberg: Jüdische Gemeinde, Registratura, Streit Adolph Waldheim gg. Gemeinde (Samuel Rosenbaum), 1849–1853; Jüdische Gemeinde, Registratura, Ankauf Grundstück und Grundsteinlegung Synagoge 1854; Jüdische Gemeinde, Registratura, Einweihung Synagoge 1854; Stadtbuch der Stadt Sternberg, IV. Band; Jüdische Gemeinde, Auflösung Gemeinde, Gemeindemitglieder und Techniker 1924.