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Synagoge Rostock

Region: kreisfrei
Adresse: Rostock, Augustenstraße 101
Erhaltung: zerstört und abgerissen

Geschichte der Synagoge

Obwohl bekannt ist, dass es während der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung Juden in Rostock ansässig waren, kann heute mangels entsprechender Quellenangaben keine Aussage darüber getroffen werden, ob es damals schon eine Synagoge gab.

Schon kurze Zeit nach der Ansiedlung ersten jüdischer Familien in Rostock im Jahr 1868 fanden die ersten Gottesdienste zunächst in privaten Räumen der Gemeindemitglieder statt, um dann dazu ab etwa 1880 Räume im Hause des Kaufmanns Grampp am Burgwall 41 anzumieten. Aufgrund des schlechten Zustandes musste der Gottesdienst mehrfach ausfallen. Da zwar durchaus Interesse an einer neu zu erbauenden Synagoge bestand, aber dazu schlicht die finanziellen Mittel fehlten, suchte man dann 1890 neue Räumlichkeiten und fand diese im Tivoli-Bierkeller in der Alexandrinenstraße 1 (heute Richard-Wagner-Straße, Ecke Lindenstraße). Glücklich wurde die Gemeinde wohl auch damit nicht.

Im Sommer 1897 erhielt die jüdische Gemeinde von Rostock aber aus der Erbschaft des 1868 aus Ribnitz zugezogenen Produkthändlers Meyer Gimpel eine Stiftung über 80000 Mark, die für den Bau einer neuen Synagoge bestimmt waren. Darüber hinaus hatte Gimpel auch Thorarollen und Kultgegenstände gestiftet. Erst mit dieser Stiftung war die Gemeinde in der Lage, 1899 das 1289 qm große, dem Tischler Rahmig gehörende Grundstück in der Augustenstraße 101 zu kaufen. Der Entwurf des Gebäudes erfolgte 1900 durch den Architekten Prof. Ludwig Levy aus Karlsruhe, der Bau wurde im Anschluss durch die Rostocker Baufirma Krause & Korff umgesetzt. Die Synagoge wurde mit einem Grundriss von 22 x 23 Metern und einer Höhe von 18 Metern im historistischer Stil im Gartenbereich hinter einem damals noch im Vorderbreich existenten Gebäudes errichtet. Mit 350 Sitzplätze war sie damals die größte Synagoge Mecklenburgs. Sie verfügte über eine Frauenempore und einen eindrucksvollen Kronleuchter, der durch den Bankier Otto Neumann gestiftet worden war. Zur Erinnerung an den Stifter, der den Bau erst ermöglicht hatte, wurde auch eine Dankestafel für Meyer Gimpel in der Vorhalle angebracht. Am 14. September 1902 wurde die Synagoge unter der Leitung des Landesrabbiners Dr. Fabian Feilchenfeld und unter Teilnahme des Bürgermeisters und des Rates der Stadt feierlich eingeweiht. Im Vorderhaus befand sich die Wohnung des Gemeindedieners und die Religionsschule. Vorbeter, Kantor, Religionslehrer und Kultusbeamter war zu dem Zeitpunkt Bernhard Sawitz. Erst 1921 wurde in der Synagoge eine Erinnerungstafel für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs angebracht.

Bis 1910 wirkte hier Dr. Fabian Feilchenfeld als Landesrabbiner, danach folgte Landesrabbiner Dr. Siegfried Silberstein, der seit 1926 in Rostock lebte und seinen Sitz von Schwerin hierher verlegt hatte. Gerade ihm war es hier zu verdanken, dass der tiefe Konflikt zwischen Ost- und Westjuden in der Gemeinde abgemildert und das endgültige Auseinanderbrechen der Gemeinde wie in Schwerin verhindert werden konnte.

Zur „Reichskristallnacht“ wurde die Synagoge am frühen Morgen des 10. November 1938 durch Rostocker SS-Trupps in Brand gesetzt. Man ließ das Gebäude bewusst abbrennen, so dass danach nur noch nur die Außenmauern stehen geblieben waren. Das Grundstück und die Ruine mussten von der Gemeinde 1939 verkauft werden. Gottesdienste fanden danach nur noch in Privatwohnungen der Gemeindemitglieder statt. Bei einem Luftangriff 1944 wurde schließlich auch das Vorderhaus und die Ruine der Synagoge zerstört.

Im Juni 1948 wurde das Synagogengrundstück an die Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg rückübertragen, welche es am 3. November 1949 an einen Rostocker Unternehmer veräußerte. Nach zwangsweiser Enteignung und Überführung in Volkseigentum wurde das Vordergrundstück mit Wohnblöcke für MfS-Mitglieder bebaut und der Innenhof ein Teil der MfS-Bezirksverwaltung. Heute erinnert eine am 9. November 1988 aufgestellte Gedenkstele auf dem Gehweg vor dem aus DDR-Zeiten stammenden Neubaublock an die ehemalige Rostocker Synagoge.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 08.08.2016)
Quellen:

  • Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
  • Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998
  • Schröder, Frank / Ehlers, Ingrid (Hrsg.): Zwischen Emanzipation und Vernichtung: Zur Geschichte der Juden in Rostock. Schriftenreihe des Stadtarchivs Rostock, Heft 9., Stadtarchiv Rostock, Rostock 1988
  • Schröder, Frank / Katschke, Steffi: Die Synagoge und ihre Rabbiner, Rostock 1902-1938, Schriften aus dem Max-Samuel-Haus 13, Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock Max-Samuel-Haus, Rostock 2013