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Mittelalterlicher Jüdischer Friedhof Parchim

Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Parchim, Höhe Flörkestraße 44 (zwischen Plümperwiesen und Flörkestraße)
Erhaltung: nicht mehr existent
Erfasste Gräber, Grab- und Gedenksteine: 77

Geschichte des Friedhofs

In der Stadt Parchim hat es in der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs durch die bereits bestehende und bedeutende jüdische Gemeinde einen mittelalterlichen jüdischen Friedhof gegeben. Dies belegen insgesamt 36 Grabsteine, die ursprünglich auf dem damals vor dem Kreuztor auf einer Anhöhe zwischen Wall und den Plümperwiesen gelegenen jüdischen Friedhof aufgestellt waren und zwischen 1435 und 1482 im nördlichen Anbau der St. Marienkirche und beim äußeren Kreuztor verbaut wurden. Der jüdische Friedhof wurde umgangssprachlich „Judenkaiser“ genannt, eine Abwandlung des eigentlichen Wortes „Judenkaifer“, das aus dem hebräischen Wort kewer für Grab entstanden sein muss, ein klarer Beweis dafür, dass diesen Begriff die Parchimer Juden damals selbst geprägt haben müssen. Durch Entzifferung hebräischen Inschriften einiger der in der Kirche und im Kreuztor verbauten Grabsteine, ist gesichert, dass mindestens zwischen 1304 und 1346, vermutlich sogar bis zu ihrer ersten Vertreibung aus Parchim im Jahr 1350, Bestattungen erfolgten. Ob der Friedhof nach der Rückkehr der Juden nach Parchim nach Abklingen der Pestepidemie bis zur engültigen Vertreibung aller Juden aus Mecklenburg im Jahr 1492 weitergenutzt wurde, ist nicht bekannt.

Bis 1825 wurden auf dem ehemaligen Friedhofsgelände vereinzelt Grabsteine aufgefunden. Weitere müssen in einigen, das Gelände umgebenden Gebäuden oder im Straßenpflaster verbaut worden sein. Wie der Parchimer Heimatforscher Boesch ausführt, sind 1882 200 Skelette auf dem Gelände gefunden worden. Noch im Sommer 1996 stieß man bei Bauarbeiten zwischen den Plümperwiesen und der Flörkestraße auf Höhe Augustenstraße auf Knochen, die zu Grablegungen des ersten jüdischen Friedhofs gehörten haben müssen. Am 16. August 2001 wurde ein Grabstein datierend auf den 16. Februar 1334, der die Eingangsstufe vor der Tür zur St. Marienkirche bildete, ausgebaut, ins Stadtmuseum gebracht und auf dem dortigen Hof ausgestellt.

Nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs wurde in Parchim dann ein neuzeitlicher jüdischer Friedhof angelegt.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.07.2017)
Quellen:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Parchim)
  • Donath, Leopold: Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874), Verlag Oskar Leiner, Leipzig 1874
  • Frank, Doreen: Jüdische Begräbnisstätten in Parchim, Schriftenreihe des Heimatbundes e. V., Pütt, Parchim in Mecklenburg 2012, S. 20–23
  • Kaelcke, Wolfgang / Keuthe, Burghard: Der Parchimer Judenkaiser, Schriftenreihe des Heimatbundes e. V., Pütt, Parchim in Mecklenburg 1997, S. 13-15