Twitter Facebook Google LinkedIn Pinterest Tumblr Digg Email

Synagoge Dargun

Region: Mecklenburgische Seenplatte
Adresse: Dargun, Schloßstraße 58 (Büdnerei 96)
Erhaltung: Evangelisch-Freikirchliches Gemeindehaus

Geschichte der Synagoge

Da derzeit keinerlei Hinweise darüber vorliegen, ob es in der Stadt Dargun bereits eine jüdische Bevölkerung während der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs gegeben hat, kann keine Aussage über eine eventuell hier in dieser Zeit existierende Synagoge getroffen werden. Aus der Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs ist bekannt, dass spätestens ab dem Jahr 1760 in einem privaten Betsaal in einem Hinterhofhaus des späteren Synagogengrundstücks zu regelmäßigen Gottesdiensten genutzt wurden. Grundlage dieser Aussage ist ein Brief der Schutzjuden David Hirsch, Israel Marcus und Hirsch Jacob aus Neukalen vom 17. Dezember 1760 an den Mecklenburgischen Herzog kann,aus dem auch hervorgeht, dass die Neukalener Juden sich gelegentlich an diese Gottesdiensten in Dargun beteiligten.

Wie in den meisten jüdischen Landgemeinden Mecklenburgs waren auch die Darguner Gemeinde erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts finanziell in der Lage, Pläne für eine echte Synagoge zu machen. Die Darguner Juden stellten deshalb 1821 einen entsprechenden Antrag bei der Landesregierung, der aber aus unbekannten Gründen zunächst abgelehnt wurde. 1822 erhielten sie dann jedoch die erwünschte Genehmigung, das Grundstück Büdnerei 96, die heutige Schloßstraße 58, zur Synagoge um- und auszubauen. Dazu erwarben sie am 22. Juli 1822 für 177 Reichstaler ein Teilgrundstück vom Schneidermeister Schulz, das vom Garten des Eigentümers abgetrennt wurde. Die mehrmaligen Anträge auf Beisteuerung von Bauholz wurden vom Großherzog allerdings abgelehnt. Erst am 20. Februar 1824 schloss die Gemeinde mit dem Amtsmaurermeister Riechen einen Bauvertrag. Anders als in den meisten jüdischen Gemeinden und als von den Vorschriften des LGGEV von 1755 festgelegt, lag die Synagoge nach ihrer Fertigstellung Ende 1824 direkt an der Hauptstraße und war damit von dieser für jeden direkt einsehbar. Das Synagogengebäude bestand aus den eigentlichen Synagogenräumlichkeiten, einer Lehrerwohnung und Schulräumen für den Religionsunterricht. Zeitweise waren auf dem Grundstück ein Brunnen, ein Stallgebäude für Pferde, eine Wagenremise und ein Hofhaus, die nach der Wiedervereinigung jedoch größtenteils wieder abgetragen wurden. In der Wagenremise wurde der Leichenwagen der Gemeinde aufbewahrt.

Nach dem Abschluss des Vertrags der Gemeinde mit dem Lehrer und Schächter Joseph Rochlitz aus Halle zog dieser in die Lehrerwohnung ein. Wie aus diesem Vertrag hervorgeht, hatte dieser seine Wohnräume für Gemeindeversammlungen zur Verfügung zu stellen. 1860 wurden in der Synagoge umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt. Ab 1877 zog Herr Mitau in die dortige Wohnung ein.

Die Synagoge soll bis etwa 1900 zu regelmäßigen Gottesdiensten genutzt worden sein. 1933 befand sich die Synagoge in einem schlechten Zustand. Die jüdische Gemeinde konnte die Erhaltungskosten nicht mehr aus dem Gemeindebeiträgen aufbringen, so dass ab 1934 die jüdische Landesgemeinde Mecklenburgs die Verwaltung der Synagoge übernahm. Die letzten Mieter der Wohnung in dem Gebäude waren Bertha und ihre Schwägerin Ida Mitau und lebten dort wohl bis zum Verkauf des Grundstücks 1942. Am 24. März 1942 wurde das Grundstück schließlich an den Schuhmacher Wilhelm Evert verkauft, der im Synagogensaal einen Verkaufsraum für seinen Schuhmacherbetrieb einrichten wollte. Da er aber 1945 verstarb, kam es nicht mehr dazu. Während der Zeit des Nationalsozialismus, insbesondere zur „Reichskristallnacht“, soll es zu keinerlei Beschädigungen an der Synagoge gekommen sein.

Ab etwa 1950 diente der Wagenschauer als Ziegenstall, wurde später jedoch abgerissen. Seit dem 1. Juli 1959 diente das Gebäude als Kirche und Gemeindezentrum der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Dargun. Diese wurde seit am 9. September 1968 auch Eigentümerin des Grundstücks und nutzt es bis heute. 1980 kam es zu Umbaumaßnahmen am Gebäude, bei denen der noch vorhandene Brunnen zugeschüttet wurde. Im Jahr 2004 wurden auf dem Dachboden zwei Gebetstafeln der ehemaligen jüdischen Gemeinde von Neukalen gefunden. Dank einer privaten Initiative von vier Darguner Bürgern erinnert seit 2004 eine Gedenktafel vor der ehemaligen Synagoge an die frühere Funktion des Gebäudes und die ehemaligen jüdischen Einwohner Darguns.

Die Mikwe

Bereits 1811 hatte man auf dem Grundstück des Schusters Otto Jaeger unter der Adresse Büdnerei 77 eine Mikwe errichten dürfen. Der Vertrag über das 36 qm große Grundstück ist erhalten geblieben und wurde im Jahr 1856 vom Großherzoglichen Ministerium bemängelt, da Juden zu dem Zeitpunkt keinen Grundbesitz erwerben durften. Im Badehaus gab es Vorrichtungen, vermutlich einen Kamin und einen Heizkessel, um das Wasser erwärmen zu können. Diese Mikwe wurde jedoch schon vor 1874 nicht mehr benutzt, da vermutlich im Gemeindehaus eine neue Mikwe errichtet worden war. 1874 beschädigte ein Sturm das Dach der alten Mikwe, woraufhin die jüdische Gemeinde beschloss, das Grundstück zu verkaufen. Das Badehaus muss danach abgebrochen worden sein.

-----
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 14.05.2016)
Quellen:

  • Vormann, Heidemarie Gertrud: Bauhistorische Studien zu den Synagogen in Mecklenburg, Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig, Braunschweig 2010