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Bad Sülze

Zur jüdischen Geschichte von Bad Sülze


Die Stadt Bad Sülze ist heute zwar ein verwaltungstechnischer Teil Vorpommerns, gehörte jedoch historisch seit je her unter der Bezeichnung Sülz oder Sülze zu Mecklenburg. Erst 1927 wurde die Stadt als Kurort anerkannt und wurde damit zu Bad Sülze. Aus der ersten Phase der jüdischen Besiedlung Mecklenburg liegen derzeit keinerlei Hinweise auf eine jüdische Bevölkerung in der Stadt vor. Eine jüdische Ansiedlung scheint daher erst nach der Wiederbesiedlung Mecklenburgs durch die Juden erfolgt zu sein.

Als erster hier ansässige Schutzjude gilt derzeit ein Mann namens Israel Joseph, der laut einer herzoglichen Steuerliste vom 1. Oktober 1760, die einen Zeitraum von 1749 bis 1760 abdeckte, erst am 15. August 1760 sein Privileg für Sülze erhalten und dafür jährlich 12 Reichtaler zu entrichten hatte. Es liegen jedoch zum Teil widersprüchliche Indizien dafür vor, dass dieser möglicherweise nicht der erste Jude in der Stadt gewesen sein könnte. So soll der jüdische Friedhof von Sülze bereits vor 1765 am Schindanger errichtet worden sein. Wie sich in anderen Mecklenburger Orten ersehen lässt, wurde die Genehmigung zur Errichtung eines jüdischen Friedhofs regelmäßig aber nur dann erteilt, soweit eine kleine jüdische Gemeinschaft vorhanden war und deshalb die Umstände dies überhaupt erforderten. Dies war jedoch nirgends schon dann der Fall, wenn nur eine Schutzjudenfamilie ansässig war. Darüber hinaus soll sich aus Stralsunder Quellen ergeben, dass die dortigen Juden ihre Verstorbenen mangels eigenen Friedhofs von 1760 bis 1776 auf dem Friedhof in Sülze bestatten ließen. Ob dies wirklich Hinweise auf eine frühere Besiedlung Sülzes durch Juden sind, hängt von einer noch zu erfolgenden Plausibilisierung des Gründungsdatums des ersten jüdischen Friedhofs von Sülze ab.

Nach Israel Joseph müssen sich dann weitere Schutzjuden angesiedelt haben, was unter anderem eine jüdische Hochzeitsfeier aus dem Jahr 1767 belegt. Am 15. Dezember 1767 heiratete die Tochter eines Moses einen Juden namens Meyer. Diese Hochzeit wurde nur deshalb überliefert, weil beim Herzog anschließend eine Beschwerde eingegangen war. Am 8. Dezember 1767 sah er sich dazu gezwungen, jenen Meyer zu maßregeln: Auch seine Judenuntertanen hätten sich nach den hiesigen Landesgesetzen zu richten, denn wie den christlichen Untertanen so sei es auch ihm untersagt, in der Adventszeit zu heiraten und noch weniger, in dieser Zeit Musik zu machen.

Sülze scheint, wie andere Mecklenburger Landstädte auch, nur wenigen Händlern eine wirtschaftliche Perspektive geboten zu haben. So bewarb sich im Frühjahr 1772 der Ribnitzer Schutzjude Berend Hirsch ein Privileg auf Sülze, da er hoffte, hier sein Brot leichter verdienen zu können. Der Herzog lehnt ab, dies nochmals, als dieser seine Anfrage am 3. Juli 1772 erneut vortrug. Auch die Sülzer Schutzjuden selbst waren gegen einen weiteren Zuzug, wie sich aus einem Schreiben vom 26. November 1774 ergibt. Sie baten darin den Herzog, keine weiteren Juden mehr zuzulassen, da der Ort klein, vor Jahren abgebrannt und die Nahrung zu wenig sei und hier bereits zehn Kaufleute und sechs Juden wohnen würden. Der Herzog wies deshalb am 30. November 1774 den Magistrat der Stadt an, dieser möge es bei der nächsten Vorstellung berücksichten und entsprechend handeln.

Die Gelegenheit dazu kam erst im Jahr 1779: Als im Februar 1779 der Sülzer Schutzjude Michael Samuel um ein Privileg für einen Mendel Hirsch bat, wurde dieses am 24. Februar 1779 mit dem Hinweis abgelehnt, dass sich bereits sechs Judenfamilien in Sülze aufhalten würden und man keine weiteren - wie der Magistrat es formuliert - „armseligen“ Schutzjuden in der Stadt haben wolle. Auch der Schutzjude Jacob Simon aus Barth, der 1785 um Privilegierung auf Sülze bat, wurde am 5. Februar 1785 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Vermehrung der Juden sich die hiesige Judenschaft verbeten hat.

Nur zwei Jahre später, am 19. Oktober 1787, schrieben die Schutzjuden Michael Samuel, Röbel Arndt, Israel Joseph und Mendel Hirsch, der es offensichtlich zwischenzeitlich doch noch zu einem Privileg auf Sülze geschafft hatte, erneut an den Herzog, um den Zuzug weiterer Schutzjuden zu verhindern. Erneut stimmt der Herzog ihnen zu und fordert den Magistrat abermals auf, zukünftig das Gesuch zu berücksichtigen, wenn ein neuer Schutzjude Aufenthalt in der Stadt suche. So geschah es dann mehrfach: 1796 beantragt der Schutzjude Hirsch aus Gnoien ein Privileg. Als der Herzog die hiesige Judenschaft aufforderte, dazu Stellung zu nehmen, lehnten Michael Samuel und Mendel Hirsch für die Schutzjuden ab. Senator Böhmer schloss sich dem an, denn es befanden sich weiterhin sechs Judenfamilien mit vielen kleinen Kindern in Sülze.

Selbst noch nach der Wende zum 19. Jahrhundert wehrte sich die Stadt und die dortige Judenschaft erfolgreich gegen den Zuzug weiterer Schutzjuden. Am 4. Mai 1809 bat ein Abraham Lehman, 40 Jahre alt und in der Gegend von Havelberg sich aufhaltend, um ein Privileg auf Sülze und wurde prompt abgelehnt. Gleich erging es zunächst auch dem aus Königsberg stammenden Juden David Isaac Wallach, als er sich um ein Privileg auf Sülze bewarb. Sein Gesuch wurde ihm am 2. Oktober 1809 abgelehnt. Später war es ihm dann doch möglich, sich hier niederzulassen und gründete hier eine Familie, ohne dass die genaueren Umstände bekannt wären, die im das ermöglichten.

Am Anfang des 19. Jahrhunderts bestand die kleine jüdische Gemeinde von Sülze nur aus insgesamt sieben jüdischen Familien, womit Sülze aufgrund der beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten zu den kleineren jüdischen Gemeinden Mecklenburgs zählte.

Die vom sogenannten Emanzipationsedikt vom 22. Februar 1813 geforderte Annahme erblicher Familiennamen bei den Mecklenburger Juden erfolgte nach den Überlieferungen des Mecklenburger Landesrabbiners Dr. Siegfried Silberstein in Sülze erst am 22. Februar 1814 und damit nahezu ein Jahr später, als in den restlichen Städten Mecklenburg-Schwerins. Wie es zu dieser Verzögerung kam, ist unklar. Dabei nahmen sieben Familien insgesamt sechs unterschiedliche Familiennamen an: Ahrens (später auch Arendt/Arend), Bacherach (später auch Bachrach), Fränkel, Levzow (später Levetzow), Samuel und Warburg. Diese Familien bildeten bis zum Niedergang der jüdischen Gemeinde in Sülze gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch das dauerhafte Rückgrat der hiesigen jüdischen Bevölkerung.

Die Sülzer Juden schafften sich für die beschränkten finanziellen Verhältnisse einer solch kleinen Gemeinde außerordentlich früh, nämlich 1820, eine eigene Synagoge an, in dem sie eine Tischlerwerkstatt mit Stall ankauften und diese Gebäude zu einem kleinen Gotteshaus und einer Schule umbauen ließen. Das Protokoll der dazu durchgeführten Versammlung führt die damals bei der Entscheidung beteiligten Personen auf: der Vorsteher Fränkel, D. Warburg, J. Valentin, A. Michaelsen, J. Löwenthal, der Goldschmied Ahrendt, Moses Bachrach, Herz Bachrach, Abraham Ahrendt und S. Warburg.

Die Stadt Sülze scheint im ersten Quartal des 19. Jahrhunderts moderat größere wirtschaftliche Möglichkeiten für Kaufleute geboten haben. Dies veranlasste wohl auch Isaac Valentin dazu, am 2. September 1824 um ein Privileg für Produktenhandel zu bitten, obwohl er bereits ein Privileg aus offenem Laden besaß und zusammen mit Israel Michael Handel mit rohen Landesprodukten betreiben durfte. Sein Antrag wurde deshalb auch abgelehnt. Laut des Generalverzeichnisses der in den Städten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin privilegierten Schutzjuden waren im gleichen Jahr insgesamt neun Inhaber eines Privilegs ansässig: Meyer Fränckel, Israel Warburg, Israel Michel (Michael), Joseph Bacherach, Samuel Ahrens, Isaac Valentin, der Goldarbeiter Joseph Lewetzow, Israel Lewetzow und die Ehefrau des mittlerweile in Dömitz inhaftierten Isaac Wallach. Nur zwei Jahre später, am 20. Juli 1826, bat Israel Levetzow zu Sülze um Transfer seines Privilegs auf seinen Schwestersohn Salomon Löwenthal aus Malchin. Er begründet seinen Antrag auch damit, dass die Familie genügend Einkommen hätte, um nach seinem Tod nicht mehr arbeiten zu müssen. Am 21. Juli 1826 erhielt Salomon Löwenthal dann tatsächlich das Privileg zum Handel aus offenen Laden.

Wie viele andere Mecklenburger Gemeinden erhielt auch die Sülzer Gemeinde zur Mitte des 19. Jahrhunderts, genauer am 26. Juni 1846, eine landesherrlich verordnete Gemeindeordnung, die die Verhältnisse innerhalb der Gemeinde und zum Magistrat regelte.

Nicht allen Sülzer Juden muss es wirtschaftlich gut gegangen sein. Der Lotteriecollecteur Wallach verfügte nur über wenig Einkommen und hatte eine zahlreiche Familie zu ernähren. Unter seinen Kindern befand sich auch eine geistig behinderte Tochter, die um 1859 im Rostocker Katharinenstift untergebracht werden sollte. Da die jährlichen Kosten in Höhe von 140 Reichstalern von ihm nicht aufgebracht werden konnten, baten mehrfach die Herren C. Fränkel, D. Warburg und Heymann Ahrens/Ahrendt den Landesrabbiner Dr. Salomon Cohn darum, er möge die Kosten übernehmen. Zusätzlich wurden Spenden innerhalb der Mecklenburger Gemeinden gesammelt. Wie die Sache letztlich ausging, ist unbekannt, jedoch bewilligte auch der Großherzog für ein Jahr einen Zuschuss von 20 Reichstalern.

Im April 1860 wurden für den Bau des Friedhofs sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gemeinde Spenden gesammelt. Unbekannt ist jedoch dabei, ob der bereits bestehende Friedhof nur restauriert oder gar ein neuer ein gerichtet wurde.

Erst recht spät für kam es in Sülze zu einem Rückgang der jüdischen Bevölkerung, die dem damaligen Trend der allgemeinen Abwanderung und Emigration geschuldet war, dann jedoch um so massiver. Zählte die jüdische Bevölkerung um 1845 noch knapp 70 Personen, so halbierte sich diese ab etwa 1860 auf unter 30. Wie das Kassenbuch der Gemeinde belegt, zahlten 1862 bis 1867 nur noch neun Mitglieder in die Gemeindekasse ein. Von 1872 bis 1879 gab es nur noch acht Beitragszahler, die sich ab 1882 nochmals auf neun erhöhte. Es wundert daher nicht, dass die finanziellen Verhältnisse der jüdischen Gemeinde so prekär wurden, dass der Erhalt des jüdischen Friedhofs und der Synagoge in Gefahr war. Offensichtlich befanden sich beide nicht im Eigentum der Gemeinde, so dass man 1884 Spenden zum Ankauf des Objekte sammelte. Am 2. April 1885 bestätigt der Magistrat schließlich die Ablösesumme für das Grundstück mit Friedhof und Synagoge in Höhe von 392,75 Mark, wovon 175,50 Mark auf den Friedhof mit einer Größe von 15 Quadratruten entfielen. Um die Gemeinde finanziell am Leben zu erhalten, beschloss die jüdische Gemeinde von Sülze am 30. September 1887, die ihnen noch gehörenden Gegenstände, darunter u. a. ein Spiegel, ein Klapptisch, ein Wohnstuhl, ein Kleiderschrank, ein Unter- und Oberbett, ein Tisch, eine Bank, ein Glas und Handtücher, meistbietend zu versteigern. Die Auktion brachte zumindest 103,30 Mark für die Gemeindekasse ein. 1896 musste sogar die Synagoge wegen Baufälligkeit abgerissen und das dazugehörige Grundstück veräußert werden. Trotz der schwierigen Lage kam es jedoch noch nicht zu einer Gemeindeauflösung.

Dennoch wurde die Lage mit den Jahren immer schwieriger. So beschwerte sich Aaron Levy 1904, dass seine Kinder keinen Religonsunterricht erhalten würden. Das Landesrabbinat antwortet ihm, dass bei der geringen Anzahl von Gemeindemitgliedern nicht verlangt werden kann, dass eine Schule gebaut wird. Die Kosten wären für die kleine Gemeinde zu hoch. Der Landesrabbiner Dr. Feilchenfeld schlug ihm jedoch vor, das Jaffe´sches Legat in Anspruch zu nehmen, aus dem Wanderlehrer bezahlt werden konnten. Am 31. Mai 1905 stimmte Feilchenfeld schließlich zu, dass der Lehrer aus Teterow nach Sülze käme und dafür 50 Mark erhält.

1912 bestand die jüdische Gemeinde von Sülze nur noch aus der Familie des Kaufmanns Moritz Michaelsen mit Frau und Kind und dem Kaufmann Aaron Levy mit Frau, Kindern und seiner Schwiegermutter, der Witwe Pauline Engel geb. Ladewig. Moritz Michaelsen verstarb jedoch am 3. Juli 1913, was den Patron der Gemeinde Sülze am 1. August 1913 dazu veranlasste, dem Schweriner Ministerium für geistliche Angelegenheiten über den Zustand der Gemeinde zu berichten. Es gäbe nur noch einen Haushalt mit einem schulpflichtigen Kind (Else/Elsa Levy), die Gemeinde sei schuldenfrei und deren Barkasse enthielt 1500 Mark, jedoch würden keine Beiträge mehr eingezahlt. Es finde auch kein öffentlicher Gottesdienst mehr statt, aus einer Stiftung erhielte die Gemeinde 30 Mark zur Pflege der Gräber und der Kultusbeamte Sawitz aus Rostock erteilte einmal wöchentlich Religionsunterricht. Der Patron nahm deshalb am 13. Januar 1914 mit dem letzten männlichen Gemeindemitglied Aaron Levy Verhandlungen über die Auflösung der Gemeinde auf. Der Israelitische Oberrat stimmte der Auflösung zu und ordnete diese mit Wirkung vom vom 26. April 1914 an. Der Friedhof ging in das Eigentum der Israelitischen Landesgemeinde über. Das Sparbuch mit einer Einlage von 700 Mark ging zur Hälfte an den Ortsausschuss zur Unterstützung der durch den Weltkrieg betroffenen Familien, die andere Hälfte an die Israelitische Landesgemeinde. Die Gemeinderegister, Akten und Siegel wurden dem Geheimen Staatsarchiv übergeben. Dem verbliebenen Mitglied Aaron Levy wurde aufgetragen, sich der jüdischen Gemeinde Rostock anzuschließen. Dieser wollte sich jedoch der Tessiner Gemeinde anschließen, da Sülze schon länger von dort verwaltet worden war und für ihn zudem der Weg zur Tessiner Synagoge näher als nach Rostock war. Der Magistrat von Sülze war jedoch kaum einsichtig und erst nach Androhung einer Ordnungsstrafe meldete sich Aaron Levy am 8. April 1915 in der Rostocker Gemeinde an. Ungeachtet der aufgelösten Gemeinde genehmigte das Großherzogliche Ministerium für Unterricht am 15. März 1915, dass der Kultusbeamte Sawitz zunächst bis zum 1. Oktober 1915 weiterhin in Sülze Religionsunterricht erteilen durfte.

Die Gemeindevorsteher

Die Vorsteher der jüdischen Gemeinde von Sülze sind aus den vorhandenen Quellen nur lückenhaft rekonstruierbar. Erster bekannter Vorsteher ist im Jahr 1820 Meyer? Fränkel. Erst im Jahr 1859 ist dann C. Fränkel als Vorsteher überliefert, dem 1860 Israel Löwenthal folgte. 1874 waren dann D. Warburg und I. Löwenthal Gemeindevorsteher. Ob es sich 1883 bei den Vorstehern Warburg und Löwenthal um die gleichen Personen handelte, ist unbekannt. 1884 war neben I. Löwenthal auch eine Frau, Clara Valentin, im Gemeindevorstand. Letzter bekannter Vorsteher war dann im Jahr 1885 H. Michaelsen.

Die Religionslehrer

Die Sülzer Gemeinde hat während ihres Bestehens zahlreiche Religionslehrer gesehen, die teilweise auch gleichzeitig Kantoren und Schächter der Gemeinde waren. Frühester bekannter Lehrer und Schächter in Sülze war von 1816 bis 1819 ein Nathan Levy aus Dargun.

Am 31. Juli 1832 baten die Herren Löwenthal und Michaelsen um Erlaubnis, den Lehrer Salomon Löwissohn aus Santomischel in Sülze anzustellen. Er war zuvor im Seminar Berlin ausgebildet worden, war sechs Jahre in Strelitz tätig gewesen und hatte gute Zeugnisse vorgelegt, woraufhin er die Stelle in Sülze auch erhielt. Er blieb bis zum 8. Oktober 1855. Trotz Zeitungsannoncen meldete sich danach kein Interessent. David Warburg bat daraufhin den Landesrabbiner um Hilfe, wodurch die Gemeinde Sülze dann einem zukünftigen Lehrer 100 Reichstaler und freie Logis sowie für die Schächtertätigkeit 20 Reichstaler bieten konnte. Offensichtlich bewarb sich dann ein Abraham Rackwitz aus Lissa für die Stelle, blieb aber nur bis 1856, versuchte jedoch seinen Bruder für die frei werdende Stelle zu vermitteln, jedoch mit ungewissem Ausgang.

Von 1859 bis 1860 war in Sülze ein Lehrer namens Zülzer tätig, der jedoch bereits 1860 erkrankte und die Stelle dann nicht mehr übernehmen konnte. Israel Löwenthal hatte dann in Sternberg einen Herrn Schumm kennen gelernt, dessen Bruder sich dazu bereit erklärte, in Sülze als Lehrer tätig zu werden. Die jüdische Gemeinde Sülze zeigte jedoch mehr Interesse an einem Lehrer H. Pollack aus Deutz, der allerdings Bedingungen aufstellte, die die Gemeinde nicht erfüllen konnte oder wollte.

1861 war dann Lehrer und Vorbeter I. R. Hertz in Sülze tätig, verließ die Gemeinde aber wieder im Dezember 1862. Ihm folgte ab April 1863 der Schächter Kallmann Schumm aus Krotoschin, der zuvor Lehrer in Rehna gewesen war. Er blieb bis 1865. Von 1866 bis zum 1. Quartal Ostern 1872 ein Lehrer Schumm tätig, wobei nicht klar ist, ob es sich um die gleiche Person handelte. Im September 1866 besucht Nathan Schumm seinen Bruder in Sülze. Von dort schrieb er am 20. September 1866 einen Brief an den Landesrabbiner und teilt mit, dass er die Stelle des Kultusbeamten in Gnoien übernehmen wolle.

Ab April 1872 wurde I. Schlomann hiesiger Lehrer, der an den Feiertagen auch Vorbeter in der Synagoge fungierte. Später war Schlomann nur noch als Vorbeter tätig, den Lehrerposten übernahm von ihm dann Salomon Piontkowsky. Für April 1874 ist der Religionslehrer Jacob Stern belegt, von 1874 bis 1878 der Lehrer N. Singermann, von 1877 bis 1879 der Lehrer und Vorbeter N. Rosenkranz und von April 1880 bis März 1883 ein Mann namens Flaum.

Am 14. September 1883 gingen die Vorsteher Warburg und Löwenthal gemeinsam mit der Gemeinde Gnoien erneut auf Lehrersuche. Man wollte einen Herrn Strauß aus Ribnitz anwerben. Ob es dann dazu kam, ist unbekannt. Für Oktober und November 1883 ist als Schächter und Lehrer ein Mann namens Weissmann aus Schwerin überliefert, von Dezember 1883 bis November 1885 war in Sülze als Schächter ein Herr Malinowski/Malinowsky aus Gnoien tätig. Letzter bekannter Religionslehrer in Sülze war von November 1885 bis 1892 ein Herr Franke aus Tessin.

Nationalsozialismus

Die Geschehnisse nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus in Bad Sülze sind noch nicht hinreichend erforscht, insbesondere sind die damals noch in der Stadt ansässigen jüdischen Einwohner nicht hinreichend bekannt. Zumindest der Zahnarzt Hans und der Weltkriegsveteran Richard Levy, beides Söhne des Aaron Levy, lebten vermutlich bis spätestens 1938 in Bad Sülze. Hans Levy hatte die Christin Gerda Hindt geheiratet und war so aufgrund der „privilegierten Mischehe“ zunächst geschützt. Beide flüchteten 1938 jedoch nach Holland. Hans Levy soll später dennoch ein Opfer des Holocaust geworden sein. Das Schicksal seines Bruders Richard Levy ist derzeit unbekannt.

Wann genau sich der vermutlich aus Polen stammende David Zeller hier mit Frau und Sohn angesiedelt hatte, ist gleichfalls unbekannt. Sein Sohn wurde in der Sülzer Schule eingeschult und saß mit einem anderen Bad Sülzer Knaben gemeinsam an eine Schulbank. Nach Aufkommen des Nationalsozialismus beschwerten sich dann mehrere Eltern darüber. Der Lehrer wusste sich nicht anders zu helfen und setzte den Jungen allein an eine andere Bank abseits von den anderen. Die Zellers brachten dann einige Zeit später ihren Sohn nach Polen. Zumindest David Zeller ist ihm später nach Polen gefolgt, um den Repressalien gegen Juden zu entgehen,und soll dort ebenfalls umgekommen sein.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 15.02.2017)
Quellen:

  • Bollensdorf, Klaus: Rehnaer Miniaturen, Kulturinitiative Maurine-Radegast e. V., Rehna 2001
  • Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
  • Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 2.12-4/5, Nr. 121, 233 , 592, 593, 594, 595, 596, 597, 632, 665 (Judenangelegenheiten Mecklenburg-Schwerin); Rep. 2.26-1/1, Nr. 7893 (Großherzogliches Kabinett); Rep. 5.12-7/1, Nr. 9092 (Meck.-Schwerin Ministerium für Unterricht, Kunst, geistliche Angelegenheiten); Rep. 5.12-7/12, Nr. 46 (Regierungskommissar beim Israel. Oberrat); Rep. 10.72-2, Nr. 73 (Landesrabbinat); Rep. 10.72-3/1, Nr. 401 (Jüdische Gemeinden), Nr. 403 (Statistik, Geburten, Todesfälle etc.), Nr. 404 (Gemeinderechnungen), Nr. 405 (Kassenbuch 1860 – Sülze), Nr. 406 (Kassenbuch 1861-84 - Sülze), Nr. 407 (Kassenbuch 1884-1892 - Sülze); Rep. 10.72-7/1, Nr. 402
  • Salzmuseum Bad Sülze (Külper, Sigrid): Auskunft vom 27. Juli 2016
  • Silberstein, Siegfried: Die Familiennamen der Juden unter besonderer Berücksichtigung der gesetzlichen Festlegung in Mecklenburg, Sonderdruck aus der Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Jüdisch-Theologischen Seminars Fraenckelscher Stiftung, II. Band, Th. Schatzky A.-G., Breslau 1929

Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Bad Sülze


Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Bad Sülze

Familien mit Bezug zu Bad Sülze


Ahrend/Ahrendt/Ahrens, Anclam, Bacherach/Bachrach, David, Ephraim, Erhard, Flaum, Fraenckel/Fraenkel/Fränkel, Heimann/Heymann, Heymannsohn, Hirsch, Horwit, Israel, Joseph, Josephi, Ladewig, Levetzow/Levzow, Levy/Levi, Lilienthal, Lychenheim, Löwenthal, Löwissohn, Malinowski/Malinowsky, Mansfeldt, Marcus, Martiensen, Mendel, Michael, Michaels, Michaelsen, Michelsen, Müller, Nachmann, Piontkowsky, Rosenkranz, Salinger, Samuel, Sawitz, Schumm, Singermann, Stern, Valentin, Wallach, Warburg, Weil, Weissmann, Zeller, Zülzer

Bekannte Holocaust-Opfer (4)


  • Gertrud Cohn geb. Fränkel
  • Elsa Hohenstein geb. Levy
  • Hans Levy
  • Paula Marcus geb. Levy

Stolpersteine: 1


  • Rostocker Straße 26
    • Hans Levy

Veröffentlichungen zu den Juden von Bad Sülze


Publikationen


  • Mercantilisches Addreßbuch der Großherzogthümer Meckl.-Schwerin u. -Strelitz, worin: die Addressen der Magistratspersonen der Städte, der weltlich obrigkeitlichen Beamten der Flecken, der Accise- und Postbeamten, fremden Consuls, Advocaten, Apotheker, Kaufleute, Fabrikanten, Manufacteurs, Buchhändler, Gasthofinhaber und anderer dazu qualificirende Handels- oder industrielle Geschäfte treibende Leute in den Großherzopthümern, wie auch: bei jedem entsprechenden Orte Angabe seiner Wolkszahl, Meilenzeiger, Notizen über Schiffs-, Fuhrgelegenheiten etc.
  • Adreßbücher über und für den Gewerbe- und Handelsstand der Großherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Strelitz
  • „Eine jüdische Familie im Nationalsozialismus“ - Ein besonderer Themenabend im Slüterhaus
    In: Der Dierkower, 11. Jahrgang, Ausgabe 4/15, S. 20
  • Bäcker, Lars: Juden in Schwedisch-Vorpommern
    In: Heitmann, Margret / Schoeps, Julius H. (Hrsg.): „Halte fern dem ganzen Lande jedes Verderben ...“: Geschichte und Kultur der Juden in Pommern, Hildesheim/Zürich/New York 1995, S. 77-97
  • Struck, Hanna: Juden in Mecklenburg-Vorpommern: Geschichte und Gegenwart
    In: Romberg, Otto R. / Urban-Fahr, Susanne (Hrsg.): Juden in Deutschland nach 1945: Bürger oder „Mit“-Bürger?, Tribüne-Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 108-117
  • Buddrus, Michael / Fritzlar, Sigrid: Die Städte Mecklenburgs im Dritten Reich: ein Handbuch zur Stadtentwicklung im Nationalsozialismus, ergänzt durch ein biographisches Lexikon der Bürgermeister, Stadträte und Ratsherren
  • Meyer, Susanne C.: „Levy. Eine Familie aus Bad Sülze", Katalog zur Ausstellung

Dokumente mit Bezug zu den Juden von Bad Sülze


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Beschreibung Zeitpunkt/Zeitraum Typ
Auszug aller privilegirten Juden und was selbige Laut der, mittelst Herzoglich Verordnung vom 20. Septbr. 1760 Communicirten Specification An Schutz-Geld Zur Herzoglich. Renterey von Anno 1749 bis zum Termino Trinitatis 1760 bezahlet haben, und darauf nach infinuation gedachter Specification, nemlich den 1ten Octobr. 1760 Restiren. 1749-1760 Transkript
General-Verzeichniß der in den Städten des Großherzogthums Mecklenburg Schwerin privilegirten sämmtlichen Schutz-Juden 3. Januar 1825 Transkript
Kaufvertrag der Israelitischen Gemeinde Sülze mit Tischlermeister Drenckow über die zukünftige Synagoge und Religionsschule 1819/1820 1819/1820 Transkript