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Jüdischer Friedhof Güstrow

Region: Rostock
Adresse: Güstrow, Neukruger Straße
Erhaltung: geschlossener Friedhof mit Grabsteinbestand
Erfasste Gräber, Grab- und Gedenksteine: 137

Geschichte des Friedhofs

Es scheint gesichert, dass es während der Phase nach der Erstbesiedlung Mecklenburgs durch Juden in Güstrow einen jüdischen Friedhof gegeben hat. Der Orientalist Oluf Tychsen zieht dazu eine Notiz im Güstrowischen Stadtbuch aus dem Jahr 1500 als Beleg heran, worin ein Judenkirchhof außerhalb der Stadt vor dem Hageböcker oder Hagebücher Tor auf den Domwiesen in Richtung Schwerin genannt wird. Weitere Urkunden aus den Jahren 1363 bis 1652 sollen die Existenz des jüdischen Friedhofs belegen. Dieser wurde vermutlich während des Dreißigjährigen Krieges eingeebnet.

Nach der Neuansiedlung von Juden in Güstrow ist erst ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts ein jüdischer Friedhof in Güstrow nachweisbar. Zuvor bestatteten die wenigen Schutzjudenfamilien ihre Toten vermutlich auf Friedhöfen in anderen Mecklenburger Städten. Im Mai 1804 pachtete die jüdische Gemeinde von der Stadt ein Grundstück als Friedhof, das in der Nähe des Mühlentores an der Neukruger Straße nordwestlich des Stadtzentrums im heutigen Stadtteil Dettmannsdorf lag. Erst 1870 kam es dann hier zur Gründung einer jüdischen Beerdigungsgesellschaft, der sogenannten Chewra Kaddischa. Der Friedhof wurde mehrfach erweitert, letztmalig wohl 1895. Seine Gesamtgröße ist derzeit unbekannt. Das Friedhofsgelände ging erst 1900 in das Eigentum der jüdischen Gemeinde über. Am 13. November 1910 wurde durch eine großzügige Spende des Viehhändlers August Cohn auf dem Friedhof eine erbaute Leichenhalle eingeweiht, die einen Betraum und auch eine Wohnung für Friedhofswärter enthielt. Neben den Güstrower Juden fanden 1917 hier auch jüdische Soldaten der Russischen Armee aus dem Kriegsgefangenenlager Güstrow-Bockhorst ihre letzte Ruhe. Die letzte Beisetzung des Friedhofs soll am 2. Dezember 1937 stattgefunden haben.

Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Friedhof immer wieder geschändet. Zur „Reichskristallnacht“ am Morgen des 10. November 1938 wurde die Leichenhalle in Brand gesetzt und dadurch zerstört. Danach wurden einzelne Grabsteine in der Innenstadt als Gehwegplatten verwendet, die erst 1991 wiederentdeckt wurden. Die Ruine der Leichenhalle blieb noch bis in die 1950er Jahre stehen, bis im November 1954 die Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg den größten Teil des Friedhofes verkaufte, da sie nicht in der Lage war, das Gelände zu pflegen. Auf dem größeren Teil des Grundstückes entstand dann zur DDR-Zeit eine Kaufhalle, welche vermutlich auf den früheren Grabstellen steht. Die Friedhofsrestfläche verkam zu einem Lagerplatz für Leergut. Der respektlose Umgang mit dem ehemaligen jüdischen Friedhof der DDR-Behörden veranlasste den Pastor und Kirchenhistoriker Karl Heinz Stüber, lange Jahre die Stadt zur Erhaltung des Friedhofs zu bewegen. Erst zum 50. Jahrestag der „Reichskristallnacht“ setzte dann ein Umdenken bei der Stadt ein. Das Restgelände wurde 1988 hergerichtet, mit einem schmiedeeisernen Zaun umgeben und ein Gedenkstein aufgestellt. Nach der Wiedervereinigung wurde der Friedhof mehrfach geschändet, indem die dortigen Grabsteine umgeworfen wurden. Belegt ist das für den 26. August 2000 und den 17. Juli 2008. Heute ist er trotz allem in einem annehmbaren Zustand und beherbergt noch sieben Grabsteine.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 10.08.2016)
Quellen: