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Güstrower Hostienschändung 1330

Nur kurze Zeit nach der angeblichen Hostienschändung in Krakow am See 1325 durch Juden ereignete sich nochmals in Güstrow 1330 ein ähnlicher Fall, welche beide Vorlagen für den wesentlich späteren Hostienfrevelprozess gegen die Juden von Sternberg im Jahre 1492 liefern sollten.

Die Legende ist wie folgt überliefert: In der Nähe Güstrows lebte einst eine bekehrte Jüdin. Als diese aus angeblichen religiösen Bedenken eine Einladung ihrer unbekehrten Schwägerin ausschlug, kam es zum Streit zwischen ihnen. Die Schwägerin warf ihr vor, dass ihre damaligen Beweggründe ohnehin nicht die Besten gewesen wären: Nachdem diese ihrer Gottlosigkeit wegen aus der Synagoge ausgestoßen worden war, ließ sie sich nur deshalb christlich taufen, um nur noch wollüstiger leben zu können.

Die Bekehrte war ihrerseits aufgebracht und drohte damit, einen ihr bekannten Vorfall öffentlich zu machen, bei dem sie zugegen gewesen sei. Eine Güstrower Christin habe nämlich den Juden zuvor eine geweihte Hostie verkauft. Diese hätten die Hostien dann in ihrer Synagoge zerstochen, woraufhin auf ihr an mehreren Stellen Blut zum Vorschein kam. Auch habe die bekehrte Jüdin bei der Misshandlung der Hostie die Stimme eines Kindes vernommen, was sie beeindruckt und unverzüglich zur christlichen Taufe bewegt habe, um die Vergebung ihrer Sünden zu erlangen.

Der Vorfall kam bald heraus, womöglich doch durch die bekehrte Jüdin selbst. Alle Juden der Stadt wurden gefangen genommen und auf fürstlichen Befehl im Wege der Folter zu den Vorwürfen befragt. Ein Geständnis war aber auf diesem Wege nicht von ihnen zu bekommen. Im Gegensatz zu den Juden gestand jedoch die danach verhaftete Christin, die die Hostie verkauft haben soll, sofort und wurde flugs dem Feuer übergeben.

Man bemühte sich nun, den angesehensten Juden der Stadt namens Eleasar zur Taufe seiner selbst und seiner Familie zu bewegen, um weiteren solchen Blasphemien durch die Juden dauerhaft Einhalt zu gebieten. Das Unterfangen blieb vergebens, denn sowohl er als auch seine Frau weigerten sich ihre Unschuld beteuernd. Man bedrohte nun alle Juden, wohl insgesamt 23 an der Zahl, mit dem Scheiterhaufen, aber auch das ohne Erfolg, den sämtliche Juden beharrten auf ihrer Unschuld und wurden so dann alle - mit Ausnahme Eleasars und seiner Ehefrau - verbrannt.

Der über Güstrow herrschende Herzog Johann II., Herr zu Werle-Güstrow und Der Kahle genannt, war ein Mann der Tat. Er und seine Frau Mechthild versuchten Eleasar und dessen Frau nochmals vergeblich zu bekehren. Eleasar wurde schließlich gezwungen, der Verbrennung seiner eigenen Frau zusehen und wanderte danach ebenso auf den Scheiterhaufen.

Fürst Johann kamen nun ob der Stadthaftigkeit der Juden ernste Zweifel an den vorgebrachten Beschuldigungen. Er drohte den Ankläger nun ebenfalls kurzerhand mit dem Tode, sollten sie ihm nicht die besagte Hostien als Beweis herbeischaffen. Und siehe da: Die Hausdurchsuchung bei Eleasar brachte dann unweigerlich die geschändete Hostie zum Vorschein. Der Güstrower Volkszorn kochte daraufhin und zerstörte die örtliche Synagoge.

Zwei Jahre später wurde vom Vermögen der Hingerichteten an der Stelle der zerstörten Synagoge eine Heiligblutskapelle errichtet, in der die Hostie aufbewahrt und verehrt wurde. Der Kapelle war jedoch kein langes Glück beschieden: Beim Großen Stadtbrand von 1503 wurde sie gleichfalls ein Opfer der Flammen. Die Hostie aber konnte gerettet werden und wurde bis zur Reformation in der Domkirche weiter verehrt. Am Platz der Kapelle entstand im Jahre 1510 ein Franziskaner-Kloster.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.09.2015)
Quellen:

  • http://stadtgeschichte-guestrow.jimdo.com/4-über-güstrow
  • http://www.katholische-kirche-guestrow.de/a.htm
  • Boll, Ernst: Geschichte Meklenburgs mit besonderer Berücksichtigung der Culturgeschichte, Selbstverlag, Neubrandenburg 1855
  • Donath, Leopold: Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874), Verlag Oskar Leiner, Leipzig 1874
  • Franck, David: Gründlicher und Ausführlicher Bericht Von denen durch die Jüden zu Sterneberg Anno 1492 zerstochenen und dahero Blutrünstigen Hostien, Verlag Fritsch, Rostock 1721
  • Lisch, Georg Christian Friedrich: Hauptbegebenheiten in der ältern Geschichte der Stadt Sternberg, Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 12 (1847), S. 187-306
  • Pentz, Adolf: Geschichte Mecklenburgs, Band 1, Hinstorff Verlag, Wismar, Rostock, Ludwigslust 1872